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AutorenbildTonja Bruckhaus

Vertrauen ins Leben, auch wenn es streckenweise am Abgrund entlang geht

Bei der Kultivierung einer friedlich-liebevollen Haltung und dem Lösen von Angst- und Schuldgedanken spielt das Vertrauen eine große Rolle; das Vertrauen in sich selbst, das Vertrauen in den bzw. in die Anderen und das Vertrauen ins Leben. Heute möchte ich mich näher mit dem Letzteren beschäftigen, nämlich mit dem Vertrauen, das wir als Menschen ins Leben setzen können und auch sollten, wenn der innere Friede unser Ziel ist.



Jeder Mensch kennt die Phasen, in denen man selbst das eigene Leben nicht mehr wirklich in der Hand hat. Sei es, dass man selbst oder ein naher Angehöriger schwer erkrankt ist, oder, dass man dringend einen Job oder einen Auftrag benötigt, um den eigenen Lebensunterhalt und den seiner Mitarbeiter weiter auf gewohnte Weise bestreiten zu können oder sei es, dass die Sehnsucht nach einem Leben mit Freunden oder einem liebevollen Partner derzeit (noch) nicht erfüllt ist.


In all diesen Fällen sind wir auf ein „Außen“ angewiesen. Zwar können wir selbst einen Beitrag leisten, in dem wir als Erkrankter die Medikamente nehmen, die uns von unserer Ärztin verordnet wurden und wir können gleichzeitig oder alternativ Methoden und Übungen anwenden, die unsere Selbstheilungskräfte aktivieren. Auch können wir als Arbeitssuchender oder Unternehmer alles menschenmögliche tun, um ein gutes Bild von uns und unseren Leistungen abzugeben, in dem wir grafisch und inhaltlich toll gestaltete Bewerbungsunterlagen und Angebote abgeben. Und auch bei der Suche nach neuen Bekanntschaften und Partnerschaften können wir uns auf Dating Plattformen, in Sportvereinen oder beim Ehrenämtern engagieren und dabei unser allerbestes Selbst auf die Bühne heben, um anderen zu gefallen.


Aber auch dann, wenn wir wirklich alles menschenmögliche tun, bleibt da immer diese Ungewissheit. Wirken die Medikamente wirklich? Was wenn sie es nicht tun? Helfen meine täglichen Übungen Achtsamkeit tatsächlich oder ist doch alles nur Augenwischerei? Ist meine Bewerbung, mein Angebot wirklich gut genug? Was wenn es viel bessere gibt? Werde ich beim Anderen ankommen? Was wenn er oder sie mich arrogant, langweilig, zu intellektuell, zu sportlich, zu oberflächlich findet?


In jedem Menschenleben gibt es immer wieder Strecken, in denen die Unsicherheit und die Angst vor dem Scheitern enorm groß sind. Ich nenne diese Phasen gerne die Strecke am Abgrund, weil es sich eben häufig so anfühlt, als wenn am auf einem Hochplateau oder einem schmalen Weg wandert, es direkt neben einem aber verdammt tief nach unten geht. Dort unten zeigt sich das hässliche Gesicht des Lebens mit all unseren Ängsten vor dem Scheitern. Dort unten wartet dieses schreckliche Siechtu, vor dem wir als Kranke so unfassbare Angst haben. Dort unten wartet der Absturz in ein Leben ohne Geld und Ansehen, wenn wir mit unseren Bewerbungen und Angeboten scheitern. Dort unten wartet ein Leben in Einsamkeit, wenn wir es nicht schaffen, unser soziales Leben zu gestalten und Freunde und Partner finden, mit denen wir unsere Gemeinsamkeiten und unser Anderssein teilen können.


Ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass wir als Menschen in unserem Leben immer wieder diese Strecke am Abgrund entlang gehen müssen und dort wahrscheinlich auch immer wieder mal hingeführt werden, weil wir nämlich nur hier das lernen können, was wir für ein Leben im inneren Frieden wirklich brauchen, nämlich ein unumstößliches Vertrauen darin, dass sich alles zum Guten wenden wird! Denn wer dieses Vertrauen nicht in sich trägt, ist immer auf der Hut und immer im Kampf mit den äußeren und inneren Umständen, ist immer im Angriff gegen sich und andere. Und das ist nun mal das Gegenteil von einer friedlicher-liebevollen, inneren Haltung.


Vertrauen bedeutet, seine Ängste, seine Kämpfe und seine Angriffe loszulassen und es bedeutet gleichzeitig, sich und sein Leben etwas Größerem „an-zu-vertrauen“.

Dieses fast schon „blinde“ Vertrauen fällt uns modernen, aufgeklärten Menschen besonders schwer, weil es konträr zu unserem Bedürfnis nach Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung steht, das wir uns so mühevoll erkämpft haben. Und doch kennt jeder diesen Punkt am Abgrund, an dem man nicht mehr ein noch aus weiß, an dem man keine Kraft mehr hat für den Kampf, an dem man in all seine Ängste und Angriffe keine Energie mehr stecken kann und will, einfach weil es so sehr jenseits aller Leichtigkeit ist.


An diesem Punkt ist das Vertrauen schon da und es wartet auf uns. Es sagt uns, dass wir all unsere Ängste, Angriffe und Kämpfe loslassen können und wir spüren ganz tief in uns, dass es sich fügen wird und sich die Umstände zu unseren Gunsten wenden werden. Häufig sind es Begegnungen mit Menschen, die uns im übertragenen Sinn, weg vom Abgrund führen; nicht selten ist es aber auch eine innere Eingebung oder ein innerer Impuls, der uns selber umkehren lässt.

Jeder Mensch kann dieses unumstößliche Vertrauen ins Leben erlernen und hat ein Recht darauf, es immer und überall zu finden und zu praktizieren. Allerdings darf dieses Vertrauen jeden Tag aufs Neue mit viel Hingabe geübt und kultiviert werden, weil eben doch jede Lebenssituation ein wenig anders ist und wir leider zwischendurch auch immer wieder vergessen, wie gut es beim letzten Mal geklappt hat, mit dem bedingungslosen Vertrauen ins Leben.

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